Was ist eine Qualzucht bei Hunden?

Qualzucht beim Hund

Eine Qualzucht beim Hund ist eine extrem betriebene Züchtung. Je nachdem wie stark die Qualzucht ausfällt, kann von Tierquälerei gesprochen werden. Viele Rassen können ein Leben ohne Leid gar nicht mehr führen.

Was sagt das Tierschutzgesetz zum Thema Qualzucht?

Eine Qualzucht ist im Gesetz nur sehr lasch verankert. Laut Deutschem Tierschutzgesetz sind extreme Züchtungen verboten. Extreme Züchtungen sind demnach Tiere, denen erblich bedingt Organe oder Körperteile fehlen oder deren Organe und Körperteile umgestaltet wurden oder untauglich sind, wodurch die Tiere Schäden oder Schmerzen erleiden.

(1) Es ist verboten, Wirbeltiere zu züchten oder durch biotechnische Maßnahmen zu verändern, soweit im Falle der Züchtung züchterische Erkenntnisse oder im Falle der Veränderung Erkenntnisse, die Veränderungen durch biotechnische Maßnahmen betreffen, erwarten lassen, dass als Folge der Zucht oder Veränderung

1. bei der Nachzucht, den biotechnisch veränderten Tieren selbst oder deren Nachkommen erblich bedingt Körperteile oder Organe für den artgemäßen Gebrauch fehlen oder untauglich oder umgestaltet sind und hierdurch Schmerzen, Leiden oder Schäden auftreten oder

2. bei den Nachkommen

a) mit Leiden verbundene erblich bedingte Verhaltensstörungen auftreten,

b) jeder artgemäße Kontakt mit Artgenossen bei ihnen selbst oder einem Artgenossen zu Schmerzen oder vermeidbaren Leiden oder Schäden führt oder

c) die Haltung nur unter Schmerzen oder vermeidbaren Leiden möglich ist oder zu Schäden führt.

(2) Die zuständige Behörde kann das Unfruchtbarmachen von Wirbeltieren anordnen, soweit züchterische Erkenntnisse oder Erkenntnisse, die Veränderungen durch biotechnische Maßnahmen betreffen, erwarten lassen, dass deren Nachkommen Störungen oder Veränderungen im Sinne des Absatzes 1 zeigen werden.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für durch Züchtung oder biotechnische Maßnahmen veränderte Wirbeltiere, die für wissenschaftliche Zwecke notwendig sind.

(4) Das Bundesministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.die erblich bedingten Veränderungen und Verhaltensstörungen nach Absatz 1 näher zu bestimmen,

2.das Züchten mit Wirbeltieren bestimmter Arten, Rassen und Linien zu verbieten oder zu beschränken, wenn dieses Züchten zu Verstößen gegen Absatz 1 führen kann.

1999 hat der Deutsche Tierschutzbund mit dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forst an einem Gutachten für Qualzuchten gearbeitet. Dieses Gutachten soll Behörden darin unterstützen, eine Qualzucht zu erkennen, um dagegen vorgehen zu können. Allerdings waren die Juristen überfordert, denn sehr viele Zuchtstandards sind mit Qualzuchten verbunden. Modetrends gibt es auch bei Hunderassen und das betrifft vor allem das Aussehen der Tiere. Dadurch müssen viele Vierbeiner ihr ganzes Leben lang leiden.

Kurzköpfige Hunde – eine bekannte und dennoch beliebte Qualzucht

Ein runder Kopf und große, runde Augen – zu solchen Hunden fühlen sich viele Menschen hingezogen. Die Hunde erfüllen das Kindchenschema und einige Hundehalter empfinden kurzköpfige Hunde als niedlich, obwohl sie wissen, dass das Röcheln und Schnarchen nichts mit Niedlichkeit zu tun haben. So ist beispielsweise die Französische Bulldogge eine Qualzucht. Weitere Qualzuchten sind Möpse, Englische Bulldogen und ebenso ist der Cavalier King Charles Spaniel eine Qualzucht. Auch kann der Chihuahua eine Qualzucht sein. Des Weiteren gehören Boxer, Shi Tzu und Pekinese zu den kurzköpfigen Rassen.

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Kurzköpfigkeit und ihre traurigen Folgen

Bei der sogenannten Brachyzephalie ist der Schädel rund und breit ausgeformt und Nasen- und Kieferknochen sind verkürzt. Die Folgen: Über die Hälfte der betroffenen Hunde leidet an Atembeschwerden und Schluckbeschwerden. Die Vierbeiner haben Probleme bei warmem Wetter, da sie nur schwer ihre Körpertemperatur regulieren können.

Hunde schwitzen nicht, wie wir Menschen, über die Haut. Sie regulieren ihre Temperatur mittels Hecheln. Da die Nasenlöcher der kurzköpfigen Tiere verengt sind, müssen sie stärker als andere Hunde atmen und das ist bei genereller Atemnot alles andere als einfach und angenehm. Was viele als niedliches Schnarchen und Röcheln empfinden, ist für die Hunde eine Tortur. Viele der kurzköpfigen Tiere leiden zudem an Ohren- oder Augenproblemen.

Weitere Qualzuchten bei Hunden

Faltenhunde wie der Shar Pei sind ebenso Qualzuchten. Diese Hunde haben übermäßig viel Haut und Hautfalten. Somit kommt es oft zu Hautentzündungen und Juckreiz. Hängen die Falten über den Augen, treten häufig Augenprobleme auf. Auch der Schäferhund kann eine Qualzucht sein. Bei vielen Deutschen Schäferhunden sowie beim Berner Sennenhund, beim Rottweiler, beim Golden Retriever und anderen schweren und/ oder großen Rassen tritt HD (Hüftgelenksdysplasie) auf. Je nach Grad der Dysplasie haben die Hunde früher oder später mit Hüftschmerzen und Lahmheit zu tun.

Extreme Zucht, die Leid mit sich bringt

Bei Cocker Spaniel, Bernhardinern, Basset Hounds und Bluthunden kommt es oftmals zu Ektropium. Dabei rollen sich die unteren Ränder der Augenlider nach außen, wodurch das Schließen der Augen nicht mehr komplett möglich ist. Die betroffenen Hunde leiden zudem an Bindehautentzündungen und Tränenfluss. Manchmal kommt eine Veränderung der Hornhaut hinzu.

Teacup-Hunde sind ebenfalls Qualzuchten

Leider kam ein Trend für extrem kleine Hunde auf: Teacup-Hund – so klein, dass er in eine Tasse passt. Es handelt sich nicht um Rassen, sondern um eine Marketing-Idee. Man nehme die schwächsten und kleinsten Hunde von Zwerghunderassen und verpaart sie miteinander. Heraus kommen Nachfahren, die noch winziger als ihre Eltern sind. Seriöse Züchter lassen diese Winzlinge gar nicht für die weitere Zucht zu. Dafür ist das genetisch bedingte Krankheitsrisiko zu hoch. Es gibt jedoch Leute, die mit dieser Idee Geld verdienen, gutes Geld, denn es besteht eine Nachfrage, die sich lohnt.

Der VDH (Verband für das deutsche Hundewesen) verbietet die Zucht dieser Teetassen-Hunde. In der Zuchtordnung ist ein Mindestgewicht für die Zucht vorgeschrieben und das liegt bei 2 Kilogramm. Teacup-Hunde wiegen in der Regel weniger. Nun ja, meiner Meinung nach sind auch 2 Kilogramm viel zu wenig. Aber ich bin generell kein Fan vom VDH und seinen Zuchtstandards.

Wirklich niedlich? Oder einfach nur traurig?

Teacup-Hunde und Ihr Lebensleid

Oft gibt es bei diesen Zwergen bereits bei der Geburt Probleme, allerdings für die Mutter. Meistens muss aufgrund der dicken Köpfe ein Kaiserschnitt vorgenommen werden. Der zu große Kopf und die häufig hervorstehenden Augen führen zu starken, gesundheitlichen Beschwerden. Somit haben die Tiere oftmals einen Wasserkopf. Das Gehirn ist zu groß für den Kopf, denn das lässt sich nicht einfach klein züchten. Das hat sehr häufig die Folge, dass sich die Fontanelle nicht komplett schließen kann. Das Gehirn ist dann nicht durch die Schädeldecke, sondern lediglich durch Fell und Haut „geschützt“. Du kannst dir vorstellen, wie riskant das ist.

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Auch die zu großen Augen haben keinen Schutz. Augenentzündungen und Hornhautverletzungen sind vorprogrammiert. Viele Teacup-Hunde leiden außerdem am Trachealkollaps: Die Luftröhre fällt zusammen und blockiert die Luftzufuhr. Das bedeutet für die betroffenen Vierbeiner extreme Atemnot. Des Weiteren stehen die Zähne im zu kleinen Kiefer zu eng aneinander. Es gibt noch viele weitere Störungen und Erkrankungen, mit denen die Hunde zurechtkommen müssen – und das nur deshalb, weil sich weder die „Züchter“ noch die Käufer Gedanken um die Auswirkungen einer solchen Verpaarung machen.

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Woran erkennst du Hunde einer Qualzucht?

Alle Hunderassen, die viel zu klein oder viel zu groß gezüchtet sind, haben meistens gesundheitliche Probleme. Jetzt ist die Frage: Was ist zu klein und zu groß? Es gibt viel zu viele Rassen, die mittlerweile größer oder kleiner als noch vor Jahren sind. Mir fällt zum Beispiel direkt der Mastin Español ein. Davon gibt es Hunde, die so wuchtig und groß sind, dass sie ihre ursprüngliche Aufgabe gar nicht mehr erfüllen könnten.

Oder Mini-Yorkshire Terrier, Mini-Malteser usw. – warum muss man die bereits eh sehr kleinen Hunde noch kleiner züchten? Orientiert man sich an Wildhunden, liegt die optimale Größe wahrscheinlich zwischen 45 und 50 Zentimetern. Da käme somit eine große Liste an Hunderassen zusammen, die zu klein oder zu groß sind.

Hunde mit folgenden Merkmalen gehören zu den Qualzuchten – und eine Qualzucht bringt immer gesundheitliche Beschwerden mit sich. Die Tiere führen somit kein normales und glückliches Leben:

  • Brachyzephalie (Kurzköpfigkeit) – Zur Kurzköpfigkeit und den Folgen findest du weiter oben Informationen.
  • Kleinwüchsige Hunde – Hunde mit Zwergwuchs (Chondrodysplasie) haben aufgrund einer Knochenwachstumsstörung verkürzte Gliedmaßen. Das verursacht nicht selten einen Bandscheibenvorfall, der Lähmungen, starke Schmerzen und/ oder Inkontinenz nach sich ziehen kann. Gehäuft kommt das bei Pekinesen, Basset Hounds, Scottish Terriern und Französischen Bulldoggen vor.
  • Teacup-Hunde – Wie oben beschrieben sind diese Winzlinge mit zahlreichen gesundheitlichen Problemen belastet.
  • Anurie (schwanzlos) und Brachyurie (Kurzschwänzigkeit) – Beides ist mit Wirbelsäulenfehlbildungen verbunden, sodass Lähmungen, neurologische Störungen und Sensibilitätsverlust auftreten können. Zudem fehlt den Tieren ein wichtiges Kommunikationsmittel mit Artgenossen. Rassen mit Brachyurie oder Anurie sind Französische Bulldoggen, Möpse, Englische Bulldoggen, Cocker Spaniel und Bobtails.
  • Haarlose Hunde – Die Ursache für Haarlosigkeit ist eine genetische Mutation in der DNA. Oft leiden die Tiere zusätzlich an Anomalien der Zähne. Des Weiteren können Allergien, Hautprobleme und Hautkrebs entstehen. Typische Hunderassen sind American Hairless Terrier, Chinesische Schopfhunde, Peruanische Nackthunde und Mexikanische Nackthunde.
  • HD (Hüftgelenksdysplasie) – Berner Sennenhunde, Deutsche Schäferhunde und Rottweiler sind Rassen, die sehr oft von HD betroffen sind. HD ist erblich bedingt und eine Fehlbildung des Hüftgelenks. Selbst eine leichte HD führt in der Regel früher oder später zu Lahmheit, Entzündungen und/ oder Arthrose.
  • Manche Fellfarben – einige Fellfarben können Krankheiten hervorrufen – wie in diesem Beitrag beschrieben.
  • Dermoidzysten (Einstülpungen der Haut am Rücken) – Diese Hauteinstülpungen reichen mitunter bis in den Wirbelkanal hinein. Sie sind vermutlich an das Ridge-Gen geknüpft. Dabei handelt es sich um einen gegenläufig wachsenden Haarstrich. Die Dermoidzysten verursachen häufig Schmerzen und Lähmungen der Hinterbeine. Bei Infektionen können Myelitis, Meningitis oder andere entzündliche Veränderungen auftreten. Betroffen sind der Thai Ridgeback und der Rhodesian Ridgeback.
  • Hunde mit übermäßigen Falten – Der Bluthund, Shar-Pei und der Basset sind von extremen Hautfalten gekennzeichnet. Das führt zu Hautkrankheiten und Juckreiz.
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Auch Hybriden sind eine Qualzucht. Bei Hybridhunden handelt es sich um eine Mischung aus Hund und Wolf. F1-Wolfshybriden sind die Tiere der ersten Generation: Kreuzung zwischen Hund und Wolf. Der Anteil des Wolfsgens ist mit jeder weiteren Generation (F2, F3 etc.) geringer. Erst F5-Wolfshybriden gelten als Hunde. F1 bis F4 sind in Deutschland verboten. Diese Tiere sind für unsere zivilisierte Welt und für ein Leben hinter Mauern oder Zäunen nicht geeignet. Auch wenn viele Hundebesitzer solcher Hunde behaupten, das stimme nicht: Der Wolfsanteil ist zu hoch, als dass sie sich wie Hunde in unserer Welt wohlfühlen können. Probleme sind immer vorprogrammiert und wer leidet am meisten? Nicht die Halter, sondern die Tiere.

Was kannst du gegen den Trend zur Qualzucht tun?

Wir alle sind gefragt, damit das Leid der Hunde ein Ende nimmt. Möchtest du einen Rassehund erwerben, dann suche dir einen seriösen Züchter. Bei manchen Hunderassen ist es jedoch derzeit kaum bis gar nicht möglich, gesunde Tiere zu finden. Möpse und Co. haben Kurzköpfigkeit, auch wenn manche Züchter momentan versuchen, die Schnauzen und Köpfe länger zu züchten. Generell wird es weiterhin Qualzuchten geben, solange die Nachfrage besteht. Die potentiellen Hundebesitzer sind somit gefragt, ihre Einstellung zu ändern: Rücke die Gesundheit des Tieres in den Fokus und nicht das Aussehen. Teacup-Hunde und kurzköpfige Hunde mit Kulleraugen mögen niedlich wirken, aber diese Tiere führen ein Leben, das von Leid geprägt ist. Also unterstütze das nicht. Je weniger Leute Qualzucht zum Trend machen, desto schwieriger wird es für die Züchter und Vermehrer, ihre gequälten Tiere zu verkaufen.

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